Reichen Roland
Auf der Strecki
Roman
An der Strecke, am Formel-1-Rennen in Monza, da bekommt man natürlich kaum was zu sehen mit den Billets von Passion Reisen Steffisburg. Da sind die Karten ebenso ungleich verteilt, wie wenn es darum geht, wer auf der Strecki bleibt.
In zwölf „Bitzen“ erzählt Roland Reichen Geschichten einer Familie, die am Rand steht. Hinterwäldlerisch, geplagt, zuweilen aufmüpfig ist der Clan. Seine Abstammungsgeschichte gründet im Hühndliwald. Viele Erwartungen und noch mehr satte Enttäuschungen, Drogen, alltägliche Gewalt und eine schonungslose Komik verbinden sich zu einer aber-witzigen Unterschichten-Familiensaga.
Wie in den vorangegangenen Büchern „aufgrochsen“ und „Sundergrund“ sind Reichens Figuren unterprivilegiert, bevormundet, ausgestossen; und hier wie da besteht die aufrührerische Geste der Literatur darin, den Figuren eine Stimme zu geben, und sei sie noch so holprig, noch so ungeschliffen, noch so unrecht. Denn diese Geschichten beugen sich weder einem begradigten Deutsch noch einem rücksichtsvollen Blick: Reichens Prosa ist böse, wo sie nicht anders kann, lustig, wenn es halt so kommt, störrisch bis stur, weil es zählt.
Reichen Roland
Auf der Strecki
Roman
Der gesunde Menschenversand, 2020
Taschenbuch, 128 Seiten
978-3-03853-104-3
25,00 CHF
Fabio Andina
Tage mit Felice
Roman
Ein Bergdorf im Tessin. Das frisch gestrichene Gemeindehaus, die Bar, wo der Alkohol fließt, der Schulbus aus Acquarossa, der Bauer Sosto, der letzte, der Kühe hat. Das Dorf von Felice. Vor dem ersten Hahnenschrei bricht er auf, der alte Kauz, der meistens barfuß läuft, um in einer Gumpe weit oben hinter dem Kiefernwald zu baden. Auch bei Regen, auch bei Schnee. Danach hackt er Holz, pflückt im Garten Kakis, und wenn er im Wald Pilze findet, kommt er mit Käse zurück. Der junge Mann aus der Stadt, der mit ihm geht, entdeckt eine nie gesehene Dunkelheit, eine Stille, die hörbar, eine Kälte, die Hitze wird – und so manches Geheimnis um den neunzig Jahre alten Mann. Ihm wird klar: Wir dürfen uns Felice als glücklichen Menschen vorstellen.
Tage mit Felice ist ein minimalistisch erzählter Roman über die Kunst des einfachen Lebens und zugleich das Porträt eines Dorfs im Bleniotal. Dort oben, den Härten der Jahreszeiten ausgesetzt, wo niemand ein leichtes Auskommen hat, sind die Menschen rau und wortkarg und lieber mit den Tieren zusammen. Und doch ist da eine starke Gemeinschaft, die Leben und Tod und den Einbruch des technischen Zeitalters ganz selbstverständlich teilt. Eine ergreifende, entschleunigende Lektüre.
Fabio Andina
Tage mit Felice
Rotpunktverlag
240 Seiten, 20.4 × 12.5 cm, Gebunden
ISBN 978-3-85869-863-6, 2. Auflage
Dieser Titel ist auch als E-Book erhältlich
Erschienen am 27.03.2020